Die Bundesländer hatten über den Bundesrat im letzten Herbst einen Gesetzentwurf zu einem umfassenden Vertretungsrecht des Ehegatten (und Lebenspartners) in den Bundestag eingebracht. Konkret sollte es um eine vollmachtsunabhängige Vertretung in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge, der Freiheitsentziehung, des Sozialleistungsrechtes und der Postangelegenheiten geben. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag verständigten sich im Frühjahr auf eine "abgespeckte Version". Nur eine Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten sollte eingeführt werden, daneben wurde der Gesetzentwurf mit einer 15 %igen Erhöhung der Vergütung für Betreuer, Vormünder und Verfahrenspfleger verknüpft.
Am 18.05.2017 beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit das Beistandsgesetz. Konkret wurde beschlossen, dass beginnend ab dem 01.07.2018 der (nicht getrennt lebende) Ehegatten oder Lebenspartner den anderen bei Entscheidungen der Gesundheitssorge (Einwilligung von Untersuchungen und Behandlungen bzw. deren Verweigerung sowie dem Abschluss der dazu nötigen Verträge) vertreten darf (als neue Form der gesetzlichen Vertretung, anders als im Bundesratsentwurf, der von einer fingierten Vollmacht sprach). Der Partner sollte auch den Arzt von der Schweigepflicht entbinden können, in Behandlungsunterlagen Einsicht nehmen dürfen und an frühere Patientenwünsche und -verfügungen gebunden sein. Im Falle von Dissensen mit dem Arzt war das betreuungsgerichtliche Genehmigungsverfahren (§ 1904 BGB) ebenfalls anwendbar.
Die Erhöhung der Vergütung war im gleichen Gesetz mit Wirkung vom 01.10.2017 vorgesehen.
Entsprechend hat der Rechtsausschuss des Bundesrates einstimmig (also offenbar auch mit Billigung der neuen Landesregierungen in NRW und Schl.-Holstein) eine Vertagung der Beschlussfassung beschlossen. Eigentlich war der Gesetzesbeschluss auf der Bundesratssitzung am 07.07.2017 vorgesehen. Es bestünde noch ein deutlicher Diskussionsbedarf und die Verknüpfung des Ehegattenvertretungsrechtes mit der Vergütungserhöhung sei nicht sachgerecht. Bei letzterer sollte das Ergebnis des Forschungsvorhabens des ISG Köln zur Betreuungsqualität (im Herbst zu erwarten) abgewartet werden. Das Bundesratsplenum hat den Tagesordnungspunkt wie vorgeschlagen, am 07.07.2017 von der Tagesordnung genommen.
Das eigentliche Problem stellt hier die Neuwahl des Bundestages am 24.09.2017 dar. In der Bundesratssitzung am 22.09.2017 wurde der Punkt nicht mehr diskutiert. Änderungswünsche konnten aufgrund des Endes der Bundestagsperiode nicht mehr verhandelt werden. Mit der Bundestagsneuwahl sind aber alle Gesetzesvorlagen hinfällig (Diskontinuitätsprinzip) und müssen nach der Neukonstituierung des Bundestages komplett neu eingebracht werden.
Es sieht derzeit so aus, dass das Ehegattenvertretungsrecht, wenn es überhaupt noch einmal angefasst wird, sich erst einmal deutlich verzögert. Das gleiche Schicksal erlitt der erste Vorstoß dazu im Jahre 2003 auch schon einmal. Nur dass die Öffentlichkeit durch die Medienberichte über die Gesetzespläne in dem Glauben war, das Vertretungsrecht existiere bereits. Dem ist nicht so und selbst wenn ein Gesetzesentwurf eine Chance hat, dann wird die Vertretung nur dem Ehegatten für den Gesundheitsbereich zugestanden. Somit bleibt die Errichtung einer Vorsorgevollmacht unumgänglich.
Quelle vollständiger Beitrag
http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Angeh%C3%B6rigenvertretungsrecht
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